Critic.de – Sonja M. Schultz [de]

A Blast ist Feuer. Hier herrscht nicht das Schweigen der Unterdrückten, sondern die lautstarke Wut der Hauptfigur Marie, die so nicht leben will: die Steuerschulden der Eltern am Hals, die Alleinverantwortung für ihre drei Kinder auf dem Rücken, während ihr Mann Yannis zur See fährt und nur ab und an für wilden Sex zurückkehrt. Das Studium weiterzuführen ist aussichtslos, Bank und Finanzamt geben sich gnadenlos. Die Familie hat Krise, das Land hat Krise, Maries Schwester und ihr Freund wenden sich wie viele andere dem Hakenkreuz zu. Während in Miss Violence der ordnungsliebende Patriarch ein faschistisches Regiment in den eigenen vier Wänden aufzieht, zeigt A Blast von Syllas Tzoumerkas Fernsehbilder von den Hetzjagden auf Migranten in Athen. Der erste Film schnürt dem Publikum nach und nach die Luft ab, entfaltet das familiäre Elend langsam chronologisch; der zweite ist wie sein Titel – explosiv, impulsiv, in Zeitsprüngen und Rückblenden erzählt. Es wird ein Feuer geben, das steht von Anfang an fest. Und Marie ist nicht der Charakter, der die Tür verschließt, um sich stumm selbst zu verletzen. Ihre Lebenswut ist viel zu groß. Regisseur Tzoumerkas sieht in ihr auch die B-Movie-Heldin, die ohne Rücksicht auf Verluste den Ausbruch wagt. A Blast ist der erste Film im Programm, bei dem ich lustvollen Sex zwischen Erwachsenen sehe. Wo sonst oft Sexualität als Instrument der Erniedrigung und Vernichtung gebraucht wird (Miss Violence), tobt hier zwischen Marie und Yannis tatsächlich Leidenschaft – die allerdings auch schon einen verzweifelten Kern in sich trägt. In einer der verblüffendsten Szenen des Films geht Marie in ein Internetcafé, um sich, mitten in dieser Halböffentlichkeit unter fremden Männern, Pornos anzusehen. Auch das Begehren ist in die Krise geraten; Gefühle sind schleichend verschwunden oder an zuviel Emotion erstickt. In der Familie, in der Gesellschaft kämpft jede der Figuren allein. Read more →

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